Mit der bevorstehenden Aussaat des Wintergetreides stellt sich vor der Sortenwahl oftmals eine grundsätzliche Frage: Soll eine Liniensorte oder eine Hybridsorte im Betrieb angebaut werden?
Der Anbau von Hybridweizen in Deutschland findet derzeit auf etwa 1,5 % der Weizenanbaufläche statt und hat seinen Schwerpunkt besonders im Nord-Osten Deutschlands. Grundsätzlich eignet sich Hybridweizen aber für Standorte in allen Regionen Deutschlands, besonders dann, wenn die Bedingungen herausfordernder werden. Hybridweizen zeichnet sich nicht nur durch Vorteile im Ertrag aus, sondern kann mit vielen weiteren Eigenschaften Sicherheit und Flexibilität im Weizenanbau schaffen.
Komplexes Verfahren in der Sortenzüchtung
Die Züchtung von Hybridweizen ist ein komplexes System und basiert auf dem sog. Heterosiseffekt: Zwei genetisch unterschiedliche Elternlinien werden miteinander verkreuzt und bilden Nachkommen, die diesen in ihrer Ertragsleistung und Umweltstabilität deutlich überlegen sind. Die besondere Herausforderung in der Sortenentwicklung und Produktion liegt darin, dass Weizen ein strenger Selbstbefruchter ist und die Bestäubung weitestgehend bei geschlossener Blüte abläuft. Eine gezielte Fremdbefruchtung ist somit schwierig und erfordert einen hohen technischen Aufwand in der Saatgutproduktion der sog. F1 Generation, die als Z-Saatgut auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut wird.
Vorteile in der Physiologie
Hybridweizen eignet sich besonders für den Anbau auf Grenzstandorten, die limitierende Faktoren wie Trockenheitsrisiko und die Lage in den sog. „Roten Gebieten“ mit sich bringen. Sein überaus effizientes Wurzelsystem hilft dem Hybridweizen, mit den limitierten Wachstumsfaktoren Wasser und Nährstoffzufuhr umzugehen und diese gut zu nutzen.
Geringe Saatstärken und flexibler Aussaatzeitpunkt
Bereits bei der Aussaat bietet Hybridweizen besondere Vorteile. Dank hoher Vitalität, einer guten Wurzelbildung und überdurchschnittlichem Kompensationsvermögen eignet er sich ideal auch für frühe Saattermine in der jeweiligen Anbauregion.
Im Vergleich zum Linienweizen kann eine Hybride mit deutlich reduzierten Aussaatstärken etabliert werden. So werden die üblichen Aussaatstärken im Hybridweizen je nach Standort halbiert und bei besonders frühen Saatterminen wird in der Praxis eine Saatstärke von 100 – 120 Körnern / m² genutzt. Die auf den ersten Blick sehr dünnen Bestände entwickeln sich schnell und bilden starke Einzelpflanzen mit mehr Trieben je Pflanze im Vergleich zu Liniensorten. Besonders Bestände aus Frühsaaten können hier die wüchsigen Herbstbedingungen noch zu ihrem Vorteil nutzen.
Auf die Bestandesführung kommt es an
Um das genetische Potential des Hybridweizens komplett auszuschöpfen, sind die Punkte Andüngung im Frühjahr und Wachstumsreglereinsatz von zentraler Bedeutung:
Zur Förderung der Bestockung ist eine startbetonte Stickstoffgabe entscheidend. Diese kann auch gezielt mit Schwefel unterstützt werden, um die Stickstoffeffizienz bei der Umsetzung in der Pflanze zu optimieren. Der Zeitpunkt der ersten N-Gabe im Hybridweizen kann gut mit der ersten Gabe im Raps kombiniert werden.
Der zweite entscheidende Punkt ist der zeitlich optimale Einsatz des Wachstumsreglers: Dieser sollte früh ab EC 29 erfolgen, um die Apikaldominanz zu brechen und einen gleichmäßigen Bestand mit gut entwickelten Seitentrieben zu fördern. Empfohlen wird hier ein mäßiger Einsatz von Wachstumsreglern. Eine zu hohe Intensität kann sich teilweise ertragsmindernd auswirken, da hier nicht genügend Seitentriebe erhalten und gefördert werden.
Auf Grenzstandorten im Vorteil
Besonders auf Standorten mit herausfordernden Bedingungen wie Frühsommertrockenheit, begrenzten Niederschlägen und reduzierter Stickstoff-Düngung liefert Hybridweizen konstante Erträge. Gegenüber Liniensorten bringt Hybridweizen über alle Standorte einen Mehrertrag von 5-7%. In der Stickstoffeffizienz liegen Hybridsorten ebenso über der Leistung von Liniensorten. Dies zeigt sich in Exaktversuchen insbesondere auf leichteren Standorten unter 40 Bodenpunkten sehr deutlich.
Grundstein ist die Sortenwahl
Bei der Sortenwahl gelten die gleichen Kriterien wie im „klassischen“ Weizenanbau. So gibt es auch beim Hybridweizen eine immer breiter werdende Auswahl an Sorten in den verschiedenen Qualitätsklassen. Die Sorten differenzieren auch hier nach Reife, Gesundheit und Vermarktungsqualität und sind durch das Bundessortenamt geprüft und beschrieben. Mit einer auf den Standort abgestimmten Sorte wird der Grundstein für einen erfolgreichen Anbau gelegt. Hinweise hierzu liefern Sortenbeschreibungen, Ergebnisse aus Exaktversuchen und Erfahrungen aus der Praxis.
Wir bieten in unserem Onlineshop aktuell zwei Hybridweizen-Sorten an:
Zusammenfassung
Der Anbau von Hybridweizen ist eine Entscheidung für ein Anbausystem, welches auf vielen Standorten Vorteile und Flexibilität für den Landwirt mit sich bringt. Die Kombination aus einer reduzierten Aussaatstärke, gezielt früher Andüngung und einem angepasstem Einsatz von Wachstumsreglern schafft stabile und ertragsstarke Bestände, die die Mehrkosten im Saatguteinkauf kompensieren.
Hybridweizen spielt seine Vorteile besonders auf Grenzstandorten und unter wechselnden Umweltbedingungen aus und zeigt hier eine besonders hohe Ertragsstabilität.