Neben den klassischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln erfreuen sich auch Biostimulanzien über eine zunehmende Beachtung im Ackerbau. Mit der EU-Düngeprodukteverordnung (2019/1009), die am 16. Juli 2022 in Kraft getreten ist, bekommen Biostimulanzien erstmalig auch einen rechtlichen Rahmen und dürfen nach entsprechender Zulassung eine CE-Kennzeichnung tragen. Aktuell sind jedoch noch nicht alle am Markt erhältlichen Produkte registriert.
Erklärung und Vorteile von Biostimulanzien
In der Produktfunktionskategorie werden sie wie folgt definiert:
„Ein Pflanzen-Biostimulans ist ein EU-Düngeprodukt, das dazu dient, pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu stimulieren, wobei ausschließlich auf die Verbesserung eines oder mehrerer der folgenden Merkmale der Pflanze oder der Rhizosphäre der Pflanze abgezielt wird:
a) Effizienz der Nährstoffverwertung
b) Toleranz gegenüber abiotischem Stress
c) Qualitätsmerkmale oder
d) Verfügbarkeit von im Boden oder in der Rhizosphäre enthaltenen Nährstoffen.“ (EU-Düngeprodukte VO 2019/1009)
Daraus ergibt sich, dass Biostimulanzien ganz klar von Pflanzenschutz- aber auch von klassischen Düngemitteln getrennt betrachtet werden müssen, auch wenn der Einsatz und die Ausbringung oft parallel oder sogar in einer Tankmischung erfolgen kann.
Einteilung von Biostimulanzien
Grundsätzlich lassen sich Biostimulanzien in zwei Kategorien einteilen. In „Mikrobielle- und Nicht-Mikrobielle Biostimulanzien“. Mikrobielle Biostimulanzien enthalten Bakterien, die mit den Pflanzen in Verbindung treten und entweder Luftstickstoff pflanzenverfügbar machen oder im Boden festgelegtes Phosphat und Kalium in eine pflanzenverfügbare Form bringen.
Die „Nicht-Mikrobiellen Biostimulanzien“ lassen sich wiederrum in mehrere Gruppen unterscheiden:
1. Aminosäuren: Sind als Bausteine für die Proteinsynthese von essenzieller Bedeutung für die Pflanze. Sie sind an vielen Wachstums- und Entwicklungsprozessen beteiligt und haben einen Einfluss auf die Phytohormone. Durch die Bereitstellung als Biostimulans können die Pflanzen schneller auf Stressereignisse wie Trockenheit oder Herbizidanwendungen reagieren.
2. Algenextrakte: Die Grün- und Braunalgen, aus denen die Extrakte gewonnen werden, sind in ihrem natürlichen Lebensraum einer Vielzahl von Stressfaktoren ausgesetzt, auf die sie schnell reagieren müssen. Produkte auf Algenextraktbasis bestehen zum größten Teil aus Mikro- und Makronährstoffen, Aminosäuren und Phytohormonen. Diese Inhaltsstoffe können je nach Produkt und Anwendung das Pflanzenwachstum anregen, die Krankheits- und Stresstoleranz erhöhen und die Nährstoffeffizienz erhöhen.
3. Anorganische Extrakte: Sind Gesteinsmehle und nützliche Elemente der Pflanzenernährung wie Silizium, Cobalt und Selen. Diese können Nahrung für Mikroorganismen darstellen und eine bessere Durchwurzelung und eine Stärkung des Pflanzengewebes bewirken.
4. Humin- und Fulvosäuren: Sind hochmolekulare Substanzen die während der „Humifizierung“, also dem Abbauprozess von biologischem Material, gebildet werden. Sie fördern die Feinwurzelbildung, die Wurzelexsudation und aktivieren das Antistresssystem. Zudem sollen sie die biologische Aktivität des Bodens anregen.
Darauf ist bei der Verwendug zu achten
Auf dem Markt verfügbare Produkte sind oftmals Mischungen aus den verschiedenen Gruppen, teilweise werden auch Mischungen mit Makro- und Mikronährstoffen angeboten.
Biostimulanzien sollten als ein weiteres Werkzeug in der Pflanzenproduktion gesehen werden, um bei immer schwieriger werdenden Bedingungen die Erträge abzusichern oder gegebenenfalls auch zu steigern. Bei dieser noch relativ jungen Produktgruppe ist es wichtig eigene Erfahrungen zu sammeln.
Insbesondere die stickstoffbindenden Bakterien sind auf dem Markt mit vielen Produkten vertreten. Dabei unterscheidet man zwischen blatt- und bodenbürtigen Bakterien, die dementsprechend auch unterschiedliche Einsatzzeiten und Anwendungsbestimmungen haben. Für Bakterien, die nur blattaktiv sind, ist auf ausreichend Blattmaße zu achten. Bei über den Boden bzw. die Wurzel agierenden Bakterien muss auf ausreichend freie Bodenfläche geachtet werden. Grundsätzlich gilt aber immer zu bedenken, dass hier mit UV-sensiblen Organismen gearbeitet wird. Daher sollte eine Applikation nur bei bedecktem Himmel oder in der Dämmerung erfolgen. Da es sich um „lebensfähige“ Organismen handelt dürfen die Produkte nicht mit kupfer- oder schwefelhaltigen Produkten gemischt werden, auch Spuren von vorherigen Anwendungen in der Pflanzenschutzspritze können hier schon den gewünschten Effekt beeinträchtigen.
Die stickstoffbindenden Bakterien, im Produkt „N-Collect“, konnten in mehrjährigen Versuchen positive Ertragseffekte nachweisen. Dabei konnte bei der Kombination stickstoffbindender Bakterien zusammen mit dem Phosphor und Kalium mobilisierenden Bodenhilfsstoff auf bakterieller Basis aus dem Produkt „PK-Release“ die besten Ergebnisse erzielt werden. Um diese Effekte noch zu verstärken, hat sich die Zugabe einer Huminsäure als förderlich erwiesen. Die Huminsäure sorgt für eine bessere und schnellere Etablierung der Bakterien im Boden.
Abbildung 2 zeigt die Ertragseffekte von von N-Collect und PK-Release in Weizenversuchen.
Bei dem Versuch von BAT Agrar in Bandow (2022) konnte ein Ertragszuwachs von 4,7 % und eine Steigerung des Rohproteins von 12 % auf 13,1 % erreicht werden. Dieser Versuch wurde nach den Vorgaben der Dünge-Verordnung ausgedüngt.
Der Versuch in Fehrbellin (2023) wurde reduziert gedüngt. Hier wurde eine Ertragssteigerung um 3,7 % festgestellt, bei einer leichten Absenkung des Rohproteingehaltes um 0,2 %. In diesem Versuch wurde auch keine Huminsäure zugegeben.
Die Erfahrungen aus diesen und weiteren Versuchen zeigen, dass die höchsten Mehrerträge generiert wurden, wenn die Bestände nach Düngebedarfsermittlung ausgedüngt wurden.
Einsatzempfehlung am Beispiel PK-Release und N-Collect
Optimaler Einsatzzeitpunkt der Mischung von N-Collect, PK-Release und einer Huminsäure im Wintergetreide ist der Herbst, aber auch im zeitigen Frühjahr ist eine Anwendung sinnvoll. Hier bietet ein leicht feuchter Boden und geringe Sonnenstrahlung die besten Etablierungsbedingungen für die Bakterien, die Kombination mit Herbiziden ist möglich.
Der Stickstoffsammler N-Collect verbessert im Getreide das Wuchselwachstum und hat eine flexible Anwendung. In Kombination dazu bietet PK-Release die Mobilisation von Phosphor und Kalium. Zusätzliche Huminsäure regt den Pflanzenstoffwechsel generell an. Diese drei Produkte sollte man gemeinsam am besten schon bereits im Herbst bis Anfang November anwenden zusammen mit einem Bodenherbizid. Grundsätzlich gilt bei Getreide ein Ausbringungszeitraum bis etwa BBCH 37.
Kombinierbar sind die Produkte mit allen gängigen Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden. Mit AHL, kupfer- und schwefelhaltigen Produkten sind die Produkte nicht kombinierbar.