Gute Zuckerrübenernte nach einem schwierigen Anbaujahr

Die Zuckerrübenkampagne läuft deutschlandweit auf Hochtouren. Die Anbauer blicken dabei auf ein turbulentes Jahr 2023 zurück. Wenn man das Zuckerrübenjahr 2023 beschreiben müsste, sind vier Ausdrücke treffend: deutlich verspätete Aussaat, ausreichend Regen, gute Erträge und gute Preisaussichten. 

Deutschland bietet mit seinem gemäßigten Klima viele gute Standorte für den Zuckerrübenanbau. Das zahlt sich in diesem Jahr aus. Während die Anbaufläche nach Angaben der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ) mit knapp 365.00 ha etwa auf dem Niveau der letzten fünf Jahre lag, wird aufgrund deutlich höherer Durchschnittserträge eine um fast 10 Prozent höhere Rübenanlieferung erwartet. Gleichzeitig befinden sich die Zuckerpreise aktuell auf einem sehr hohen Niveau, so dass die Perspektiven für den Betriebszweig Zuckerrüben in diesem Jahr für die meisten Betriebe im mehrjährigen Vergleich als überdurchschnittlich gut einzuschätzen sind.

Spätstart: Verspätete Aussaat ließ Rübenanbauer bangen

Die Anbausaison startet deutlich verspätet: In diesem Jahr war der Frühling sowohl in Süd- als auch Norddeutschland von viel Feuchtigkeit und kühlen Temperaturen geprägt. Das hatte zur Folge, dass die Aussaat der Rüben verspätet erfolgte. Mancherorts kamen die Rübenpillen sogar erst einen Monat später als üblich in die Erde. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen meldete, dass Anfang April 2023 erst vier Prozent der Zuckerrüben ausgesät werden konnten, während zum gleichen Termin des Vorjahres die Aussaat bereits zu 90 Prozent abgeschlossen war. Selbst am 21. April meldet die LWK erst „Halbzeit“ für die Zuckerrübenaussaat.

Hoher Wasserbedarf wurde gedeckt – reichlich Regen sorgte für Ausgleich

Die Befürchtung, dass die Rüben in der verkürzten Wachstumsphase nicht ausreichend Ertrag bilden können, stand für viele Landwirte im Raum. Doch nach der Dürre- und Hitzephase zwischen Mitte und Mai folgte eine lange Periode mit reichlichen Niederschlägen in der für die Ertragsbildung der Zuckerrübe wichtigen Phase zwischen Juli und September. Die Witterungskapriolen, die die Getreideernte massiv behinderte und oft sogar schädigte, spielten den Rüben in die Karten. Gerade nach dem Dürrejahr 2022, in dem lange Trockenphasen die Rübenerträge nach unten drückten, erfreute diese Entwicklung die Zuckerrübenanbauer. 

Zuckerrübenernte läuft bei guten Ertragserwartungen

Da die Zuckerrüben von den ergiebigen Niederschlägen in diesem Jahr profitieren konnten, werden je nach Standort und Aussaattermin durchschnittliche bis gute Erträge erwartet. Auswertungen von Proberodungen und die bisherige Ernte lassen gute Rübenerträge, die über dem Fünfjährigem-Kampagnen-Durchschnitt liegen, erwarten. Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker schätzt einen Zuckerrübenertrag von 79,2t/ha gegenüber dem fünfjährigen Schnitt von 72,7 t/ha. Für Spitzenerträge wird es dagegen wegen der späten Aussaat nicht reichen.

Wie hoch sind die Zuckergehalte 2023?

Der Wermutstropfen sind zudem die Zuckergehalte, die je nach Sorte und Anbaubedingungen variieren. Im Jahr 2023 liegt der Zuckergehalt mit 17,2 Prozent voraussichtlich deutlich niedriger als im fünfjährigen Durchschnitt, der bei 17,9 Prozent lag. Deshalb erwartet die WVZ eine nur leicht auf 4,364 Mio. Tonnen steigende Zuckererzeugung gegenüber 4,188 Mio. Tonnen im Fünfjahresschnitt. Als Grund für den niedrigen Zuckergehalt sind die gegenüber den Vorjahren offensichtlich fehlenden Sonnenscheinstunden während der Wachstumsperiode anzusehen. Regional könnte allerdings das sonnige Wetter in den letzten Wochen der Vegetationsperiode noch für einen Anstieg der Zuckergehalte gesorgt haben. 

Praxistipps: Das können Sie tun, um Verluste bei der Zwischenlagerung zu vermeiden

Die Lagerung von Zuckerrüben ist eine Herausforderung, denn einerseits muss die Ernte über einen längeren Zeitraum laufen, auch damit die Ernteketten ausgelastet werden. Andererseits sind Zuckerrüben nicht lange lagerfähig und müssen während der mehrere Monate laufenden Kampagne zügig verarbeitet werden. Deshalb kann es bei der Zwischenlagerung am Feldrand nach der Ernte zu Verlusten kommen. Um diese zu vermeiden, kommt es auf das richtige Anlegen der Rübenmiete und gegebenenfalls eine geeignete Abdeckung an. Folgende Tipps können bei der Minimierung der Lagerverluste von Zuckerrüben helfen:

Den richtigen Mietenplatz auswählen

Der Mietenplatz sollte nicht in Senken auf dem Acker liegen, damit sich unter der Miete kein Wasser ansammeln kann. Für eine problemlose Ablieferung sollten die Rüben parallel zu einem befestigten Weg abgelegt werden. Außerdem ist vor dem Mietenanfang ein Rangierabstand für Lkw und Verladeaggregate von 12 bis 15 m zu empfehlen.

Die optimale Form der Rübenmiete

Wenn die Zuckerrüben mit einer Lademaus abgeholt werden, sollte die Mietenbreite die Aufnahmebreite der Lademaus minus einen Meter betragen. So wird sichergestellt, dass die Rüben ohne Probleme aufgeladen werden können. Die Höhe der Miete sollte 1 bis 3,50 m betragen. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Miete entsprechend der erwarteten Lagerdauer der erwarteten Witterungs- und Temperaturentwicklung angepasst wird: bei zu erwartenden höheren Temperaturen sollte die Miete eher flacher und bei Frostgefahr eher höher angelegt werden. 

Verletzungen an den Rüben haben Zuckerverluste zur Folge

Nach der Ernte wird in den Rübenkörpern Zucker zur Energiegewinnung veratmet. Unmittelbar nach der Ernte sind die Zuckerverluste am größten, da für die Wundheilung besonders viel Energie benötigt wird. Im Lager pendelt sich der Zuckerverlust auf circa 100 Gramm pro Tag je Tonne Rüben ein. Um erhöhte Zuckerverluste im Lager zu vermeiden, gilt es, die Verletzungen an der Rübe möglichst gering zu halten. Dafür sollten insbesondere die Erntemaschinen optimal eingestellt sein, um unnötige Beschädigungen am Erntegut zu vermeiden. Klar ist: Alle Verletzungen an den Rübenkörpern sind Eintrittspforten für Mikroorganismen und Krankheiten, die zu einem unnötig hohen Verderb führen können.

Rübenmiete richtig abdecken

Wenn die Zuckerrüben länger gelagert werden müssen, stellt sich die Frage, ob und wie die Rübenmiete abgedeckt werden soll. Dabei ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt für das Zudecken zu treffen. Unmittelbar nach der Ernte müssen die geernteten Rüben unbedingt erst einmal abtrocknen und auskühlen. Bevor Frost oder größere Niederschläge erwartet werden, sollte die Miete dann zugedeckt sein. Als gutes Material für die Abdeckung von Zuckerrübenmieten bietet sich Vlies an. Vlies bietet einen guten Luftaustausch und ist einfach in der Handhabung. Folie bietet dagegen einen besonders guten Schutz gegen Nässe und zudem bei Wind auch gegen Frost.

Stolbur: Achtung bei neuer Krankheit, die ganze Rübenäcker befällt!

Die Zuckerrübenanbauer in Deutschland sind aufgeschreckt: Ein neues Bakterium hat in dieser Saison Rübenäcker befallen und eine Krankheit Namens Stolbur verursacht. Der Erreger trat 2023 besonders in wärmeren Regionen Südwestdeutschlands auf. Die genaue Bezeichnung lautet: Candidatus Phytoplasma solani. Stolbur trat bisher in erster Linie in Kartoffeln auf, sie ist jedoch auch in Reben zu finden. Das Bakterium wird durch Zikaden übertragen. Besonders zu nennen sind an dieser Stelle die Schilf-Glasflügelzikade und die Winden-Glasflügelzikade. Die stechend-saugenden Insekten tragen das Bakterium in sich und übertragen es durch das Saugen an Rübenblättern auf die Pflanzen

Welche Symptome deuten auf die Zuckerrübenkrankheit Stolbur hin?

Symptome an den Pflanzen sind deformierte, schrumpelige und kleine Rübenkörper mit gummiartiger Konsistenz. Der Ursache für diese Schadbilder ist, dass das Bakterium der Rübe Wasser entzieht. Bereits im Frühjahr befallen die Zikaden den Bestand und legen Eier an den Rübenkörpern ab. Zikaden können an gespinstartigen Nestern an den Rüben erkannt werden. Die Zikaden können derzeit nicht direkt bekämpft werden. Ackerbauliche Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Bakteriums ist der Anbau von Pflanzen, die den Ausschlupf von Zikaden unterdrücken. Die Zikaden können jedoch auch aus umliegenden Kartoffelfeldern einfliegen. Mögliche Auswirkungen der Krankheit auf Zuckergehalt und Lagerfähigkeit der Rüben sind aktuell noch nicht genug erforscht und müssen in den kommenden Jahren beobachtet werden.

Unser Sortiment für Ihren Zuckerrübenbestand

Neben Pflanzenschutzmitteln für Ihre Zuckerrüben bieten wir auch Blattdünger an. Außerdem auch Saatgut, das Sie nach dem Verkaufsstart bei uns im Shop kaufen können. Sie können sich jetzt bereits über einen Teil unserer Sorten informieren.

Das Wichtigste in Kürze:

✅ Welche Erträge werden für die Zuckerrübenernte 2023 erwartet?

Für das Anbaujahr 2023 erwartet die Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ) laut der 2. Ernte- und Erzeugungsschätzung 2023/2024 durchschnittliche Zuckerrübenerträge von 79,2t/ha und eine Rübenanlieferung von 28.870.135 Tonnen.

✅ Was löst die Krankheit Stolbur bei Zuckerrüben aus?

Die Krankheit Stolbur wird von dem Bakterium Candidatus Phytoplasma solani, das durch Zikaden übertragen wird, ausgelöst. Es trat zuvor hauptsächlich in Kartoffeln auf und ist neuerdings auch in Zuckerrüben zu finden.

✅ Wodurch entstehen Zuckerverluste bei der Lagerung von Zuckerrüben?

Bei der Lagerung von Zuckerrüben entstehen Zuckerverluste, da der Zucker zur Energiegewinnung veratmet wird. Die Energie wird vor allem für die Wundheilung nach der Ernte gebraucht. Deshalb sind die Zuckerverluste direkt nach der Ernte am höchsten. Um unnötige Verluste zu vermeiden, sollten Verletzungen an den Rübenkörpern vermieden werden.


Weiterer Fachbeitrag zur Rinderfütterung:

Futterrüben und Bioenergierüben erweitern die Fruchtfolge!

Klar im Aufwind befindet sich der Anbau von Futterrüben und Bioenergierüben. Argumente dafür gibt es viele. Der wichtigste Aspekt ist die Steigerung der Vielseitigkeit auf dem Acker: Durch den Anbau von Rüben kann die Fruchtfolge um eine Blattfrucht erweitert werden. Das gilt besonders, wenn bisher ...

Stand: 30.10.2023