Analyse: Was hat sich bei der Agrarförderung ab 2023 geändert?

Zeitenwechsel bei der Agrarförderung: Seit dem 01.01.2023 gelten neue Bestimmungen für die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP). Insgesamt dürfen ab 2023 jährlich sechs Mrd. € der EU-Mittel an Deutschland ausgezahlt werden. Um diese Förderungen zu erhalten, müssen die Landwirte allerdings neue Bestimmungen erfüllen. myAGRAR stellt die wichtigsten Regeln für die Förderung und die Änderungen in einem kompakten Überblick vor.

Konditionalität statt Greening: Klima- und Umweltmaßnahmen werden gefördert

Die bisherigen pauschalen Zahlungen pro Hektar werden durch Zahlungen ersetzt, mit denen Klima- und Umweltmaßnahmen honoriert werden. Der Grundbetrag pro Hektar sinkt von bisher 173 Euro pro ha auf 156 Euro pro ha. Dafür müssen Landwirte „Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ erfüllen, die sogenannten GLÖZ-Standards. Diese stellen die Grundanforderungen dar, die jeder landwirtschaftliche Betrieb bei der Betriebsführung erfüllen muss, um die Basisprämie zu erhalten. Diese neuen Anforderungen und Auflagen werden Konditionalität genannt. Das bisherige „Greening“ ist in die Konditionalität integriert und existiert in seiner bisherigen Form nicht mehr. Wer mehr Geld bekommen will, muss mehr leisten: Über die Basisanforderungen hinaus können freiwillige Öko-Regelungen erfüllt beziehungsweise eingehalten werden, dann bekommt der Landwirt zusätzliche Fördergelder.

Was bedeutet welcher GLÖZ-Standard für die Landwirtschaft?

GLÖZ 1 Grünland: Dauergrünland soll erhalten werden und darf nur mit Genehmigung umgewandelt werden.

GLÖZ 2 Feuchtgebiete und Moore: Geeigneter Schutz von Feuchtgebieten und Torfmooren bedeutet, dass in den ausgewiesenen Mooren Dauergrünland nicht umgewandelt oder gepflügt werden darf. Außerdem darf kein Eingriff in das Bodenprofil, beispielsweise mit schweren Baumaschinen, und keine Bodenwendung (Pflügen) mit einer Arbeitstiefe von mehr als 30 cm erfolgen. 

GLÖZ 3 Stoppelfelder: Das Abbrennens von Stoppelfeldern ist verboten

GLÖZ 4 Wasserläufe und Gräben: Entlang von Wasserläufen muss ein 3 m breiter Pufferstreifen eingehalten werden. Auf den Pufferstreifen ist die Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln nicht erlaubt. In manchen Regionen Deutschlands kann der Abstand auf 1 m verkürzt werden.

GLÖZ 5 Erosionsschutz: Alle Landwirte müssen Mindestanforderungen zum Erosionsschutz einhalten werden, wenn sie die EU-Förderung weiter erhalten wollen. Diese Anforderungen richten sich nach dem Grad der Wasser- oder Winderosionsgefährdung der jeweiligen landwirtschaftlichen Fläche.

GLÖZ 6 Bodenbedeckung im Winter: Zum Schutz des Bodens ist jetzt im Winter vom 15.11. bis 15.01. des Folgejahres auf mindestens 80 % der Ackerflächen eines Betriebes eine Mindestbodenbedeckung Pflicht. Die Bedeckung des Bodens kann durch mehrjährige Kulturen, Winterkulturen oder durch Zwischenfrüchte erfolgen. Doch auch die Stoppelbrachen von Körnerleguminosen, Getreide und Mais gelten als Bodenbedeckung, wenn keine Bodenbearbeitung nach der Ernte erfolgt ist.

GLÖZ 7 Fruchtwechsel in der Fruchtfolge: Ab 2024 soll auf mindestens 33 % der Ackerfläche eines Betriebes ein Wechsel der Hauptkultur, bezogen auf das Vorjahr, erfolgen. Auf weiteren mindestens 33 % muss ein jährlicher Fruchtwechsel oder der Anbau von Zwischenfrüchten oder Untersaaten erfolgen. Die Zwischenfrucht oder Untersaat muss dabei vor dem 15.10. ausgesät werden und dann bis mindestens zum 15.02. des Folgejahres auf der Fläche verbleiben. Achtung: Spätestens im dritten Jahr muss auf allen Flächen ein Fruchtwechsel erfolgen. Im Jahr 2023 wird diese Regelung noch ausgesetzt.

GLÖZ 8 Flächenstilllegung: Ab 2024 muss auf 4 % der Ackerfläche eines Betriebes eine Stilllegung erfolgen. Hierfür kann nach der Ernte der Hauptkultur entweder die Selbstbegrünung der Fläche oder eine aktive Begrünung erfolgen. Für die aktive Begrünung darf keine Reinsaat verwendet werden. Ausnahme für Kleinbetriebe: Betriebe mit weniger als 10ha Ackerland von dieser Regelung ausgenommen. 
Praxistipp: Gewässerrandstreifen, auf denen nach GLÖZ 4 keine Düngung und Pflanzenschutzmaßnahmen stattfinden dürfen, können auch stillgelegt werden und somit zur Einhaltung von GLÖZ 8 beitragen. Wichtig ist dabei, dass die Parzellengröße der Stilllegung die vorgeschriebene Mindestgröße 0,1 ha erreicht.

GLÖZ 9 Umweltsensibles Dauergrünland: Eine wichtige Vorgabe der EU ist, dass umweltsensibles Dauergrünland erhalten werden soll. Als umweltsensibles Dauergrünland gilt das Dauergrünland in FFH- und Vogelschutzgebieten, das bereits am 1. Januar 2015 so bestanden hat. Dieses Dauergrünland darf nicht umgewandelt oder gepflügt werden.

Eco-Shemes: Freiwillige Öko-Regelungen bringen zusätzliche Prämie

Über den Grundbetrag und die GLÖZ hinaus gibt es in der Förderpolitik der EU ab 2023 sogenannte Öko-Regelungen. Die sieben Öko-Regelungen sind freiwillig und sollen dem Umwelt-, Tier- und Klimaschutz dienen. Besonders die Biodiversität soll durch konkret benannte einjährige Maßnahmen gefördert werden. Das Fördervolumen ist erheblich: Auf diese Öko-Regelungen soll knapp ein Viertel des Budgets der “ersten Säule“ der EU-Agrarförderung entfallen. Die Öko-Regelungen werden auch als Eco-Schemes bezeichnet. Aus dem Maßnahmen Katalog können Landwirte einzelne Maßnahmen auswählen und umsetzen.

1. Bereitstellung von Flächen für die Verbesserung der Biodiversität

Bei der ersten Öko-Regelung geht es um Ackerbrache, Blühstreifen und Altgrasstreifen im Grünland. Auf Ackerland muss die Brachfläche über den Mindestumfang von GLÖZ 8 hinausgehen und es dürfen maximal 6% der betrieblichen Fläche stillgelegt werden. Eine aktive Begrünung von Brache darf auch in diesem Fall nicht in Reinsaat erfolgen. Der früheste Zeitpunkt, ab dem eine Folgekultur auf Brache gesät werden darf, ist der 1. September. Ausnahmen gibt es für die Saat von Wintergerste und Winterraps, die ab dem 15. August erfolgen darf.

2. Fruchtfolgre: Anbau vielfältiger Kulturen

Im Rahmen der Öko-Regelungen wird auch die Vielfalt in der Fruchtfolge ausdrücklich gefördert. Konkret verlangt wird hierfür der Anbau von mindestens fünf Hauptfruchtarten im Ackerbau mit einem Leguminosenanteil von mindestens 10 %. Der Getreideanteil an der Fruchtfolge darf maximal 66 % betragen.

3. Beibehaltung von Agroforst-Kulturen auf Acker und Dauergrünland

Die Beibehaltung und der Schutz von agroforstlicher Bewirtschaftung auf Ackerland und Dauergrünland können jetzt im Rahmen der Öko-Regelungen gefördert werden. Die jährliche Förderhöhe liegt bei 60 Euro pro ha Gehölzfläche. Die Neuanlage von Agroforstflächen kann zusätzlich über die zweite Säule gefördert werden.

4. Extensivierung von Grünland

Die Grünland-Extensivierung ist ein weiteres Ziel der Öko-Regelungen. Dabei wird die Extensivierung des gesamten Grünlandes eines Betriebes angestrebt. Sie wird definiert durch die Anzahl der raufutterfressenden Großvieheinheiten je Hektar, welche jährlich durchschnittlich bei 0,3 bis max. 1,4 liegen darf. Wichtig: Es dürfen auf diesem Grünland keine Pflanzenschutzmittel angewendet werden und es gilt zudem auch ein Pflugverbot. Gedüngt werden darf die Fläche nur mit dem Dunganfall, der durch den für diese Regel geltenden maximalen Wert an Großvieheinheiten bestimmt ist.

5. Regionale Kennarten auf Dauergrünland

Bestimmte ökologisch wertvolle Pflanzenarten auf Dauergrünland sollen durch die Öko-Regelungen geschützt und gefördert werden. Das bedeutet konkret: Wenn auf Dauergrünlandflächen das Vorkommen von mindestens vier regionalen Kennarten oder Kennartengruppen nachgewiesen werden kann, kann es eine jährliche Förderung von bis zu 240 Euro pro ha geben. 

6. Verzicht auf Pflanzenschutzmittel

Eine weitere Öko-Regelung belohnt den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel. Konkret gibt diese Regelung vor, dass in dem Zeitraum zwischen dem 01. Januar bis zur Ernte der jeweiligen Fläche, mindestens jedoch bis zum 15. August bzw. 15. November des Antragsjahres, keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel auf Ackerland und bestimmten Dauerkulturen eingesetzt werden.

7. Natura-2000 Gebiete

Die Öko-Regelungen sehen eine Förderung der Landbewirtschaftung in den sogenannten „Natura 2000“-Gebieten vor. Die Bewirtschaftung muss hierfür entsprechend der Schutzziele der Gebiete erfolgen. Das bedeutet in erster Linie, dass keine zusätzlichen Entwässerungsmaßnahmen, keine Auffüllungen, Aufschüttungen oder Abgrabungen vorgenommen werden dürfen.

Fazit: Die Optimierung der Anträge zur Agrarförderung lohnt sich ab 2023 noch mehr!

Sowohl die Vorgaben für die Einhaltung der GLÖZ als auch die Fördermöglichkeiten, die sich aus den Öko-Regelungen, den „Öko-Shemes“ ergeben, sind umfangreich und beinhalten viele Details, die zwingend beachtet werden müssen. Sprechen Sie auf jeden Fall mit Ihrem Agrarberater, damit Sie nicht aus Versehen Fehler machen, die Ihnen die Prämie kosten könnten – oder eine Prämie nicht beantragen, die Sie ohne zusätzlichen oder mit geringem Aufwand bekommen könnten. Man kann auch sagen: Ab sofort ist eine Optimierung der Anträge sinnvoll, damit Sie nicht auf mögliche Einnahmen verzichten.

myAGRAR-Praxistipp

Nutzen Sie die Chancen des Zwischenfruchtanbaus sowohl bezüglich der EU-Agrarförderung als auch für die Bodenfruchtbarkeit. Folgende Zwischenfruchtmischungen empfehlen wir hierfür im myAGRAR Onlineshop:


Das Wichtigste in Kürze:

✅ Was bedeutet der Begriff GLÖZ-Standard bei der Agrarförderung ab 2023 durch die Europäische Union?

GLÖZ-Standards bezeichnen Vorgaben, Vorschriften und Verbote für die Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand. Die Erfüllung der GLÖZ-Standards ist die Voraussetzung, damit der Grundbetrag von derzeit 156 Euro pro Hektar gezahlt werden kann.

Was sind Eco-Shemes in der EU-Agrarförderung ab 2023?

Ab 2023 gibt es im Rahmen der EU-Agrarförderung sieben Öko-Regelungen, die auch Eco-Shemes genannt werden. Die Teilnahme ist für den Landwirt freiwillig und wird mit zusätzlichen Prämien belohnt. Ziel ist die Förderung der Biodiversität sowie des Umwelt-, Tier- und Klimaschutzes. 

Wie wird der Anbau von Zwischenfrüchten bei der EU-Agrarförderung ab 2023 gefördert?

Ab 2023 wird von der EU nicht mehr der eigentliche Zwischenfruchtanbau gefördert, sondern die Zwischenfrüchte können genutzt werden, um die GLÖZ-Standards, beispielsweise den Fruchtwechsel beim GLÖZ 7 oder die Bodenbedeckung beim GLÖZ 6, zu erfüllen. Das bisherige Modell des Greenings, über das bisher der Anbau von Zwischenfrüchten gefördert wurde, existiert so nicht mehr.


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Stand: 26.01.2022