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Nachhaltiger Pflanzenschutz: Diese Aspekte gilt es zu bewerten

Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist als Art und Weise des Wirtschaftens zu bezeichnen, bei der derzeitige Bedürfnisse befriedigt werden, ohne zukünftigen Generationen die Lebensgrundlage zu entziehen.

In der derzeitigen gesellschaftlichen Diskussion wird beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft der erste Teil dieser Definition oftmals hintenangestellt. Im Sinne einer nachhaltigen Betrachtung muss aber neben dem Risiko auch der Nutzen von Pflanzenschutzmitteln betrachtet werden, welcher darin besteht, Pflanzen vor Schaderregern und Konkurrenz um Nährstoffe zu schützen und damit gesunde und ertragssichere Nahrungsmittel zu erzeugen.

Um alle Aspekte der Nachhaltigkeit im Pflanzenschutz zu berücksichtigen, sind folgende Punkte zu bewerten:

Gezielter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln:

Soviel wie nötig, sowenig wie möglich: Mit diesem Schlagwort ist plakativ umschrieben, was im Integrierten Pflanzenbau verankert ist. Chemische Pflanzenschutzmittel sollen erst dann zum Einsatz kommen, wenn andere pflanzenbauliche Maßnahmen wie Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Saattermin oder Sortenwahl als vorbeugende Maßnahmen nicht ausreichen, um einen Schaden durch Insekten, Unkräuter oder Pilze abzuwenden. Kurzfristige Befallsereignisse lassen sich durch mittel- und langfristige pflanzenbauliche Maßnahmen aber nur bedingt vorhersagen. Deshalb wird der Einsatz auch im Integrierten Pflanzenbau seine Berechtigung behalten. Zunehmend wichtiger wird es jedoch, Bekämpfungsmaßnahmen möglichst gezielt durchzuführen. In der Vergangenheit wurden aus Kosten- und Arbeitszeitgründen häufiger Pflanzenschutzmaßnahmen in einer Überfahrt zusammengefasst, auch wenn der Einsatztermin nicht für alle Indikationen optimal war. Ein Beispiel dafür ist die Blütenbehandlung im Raps, bei der Fungizide- und Insektizide meist zusammen ausgebracht werden, um in der Rapsblüte nur eine Durchfahrt anzustreben und Ertragsverluste durch zu späte Durchfahrten im Bestand zu vermeiden. Ein wichtiges Instrument zum gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind Bekämpfungsschwellen für einzelne Schaderreger. Auf diesem Gebiet gibt es schon eine Vielzahl an Prognosemodellen und Schwellenwerten, dennoch gibt es in Zukunft noch einen großen Bedarf, die Nutzbarkeit und Sicherheit dieser Modelle zu verbessern. Durch die Optimierung von Prognosemodellen und Bekämpfungsschwellen können Pflanzenschutzmittel nicht nur gezielter, sondern auch in besser angepassten Aufwandmengen eingesetzt werden.

Weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen:

Einsparungen von Pflanzenschutzmitteln sind ein wichtiges Ziel des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz. Unterscheiden muss man hierbei allerdings zwischen dem Weglassen von Behandlungen und der Reduzierung von Produktaufwandmengen. Wie in dem oben genannten Punkt beschrieben, ist das oberste Ziel durch vorausschauende pflanzenbauliche Maßnahmen einzelne Pflanzenschutzmaßnahmen möglichst ganz einzusparen. So kann beispielsweise in einer gesunden Weizensorte, die eine sehr geringe Anfälligkeit gegen Mehltau besitzt, eine Mehltaubekämpfung unterbleiben. Komplexer wird die Thematik allerdings, wenn beispielsweise ein geringer Befall zu Verringerungen in der Aufwandmenge von Produkten führt. Dieser Vorgehensweise sind Grenzen gesetzt, denn eine Unterdosierung kann dazu führen, dass sich Schaderreger an Wirkstoffe anpassen können und Resistenzen ausbilden.

Produktwahl

Nachhaltigkeit im Pflanzenschutz in Bezug auf Ressourcenschutz (Umwelt, Biodiversität) hat sehr eng zu tun mit der Auswahl der geeigneten Produkte. Der Einsatz von Bienen- und Nützlingsschonenden Insektiziden hat beispielsweise einen positiven Einfluss auf die Biodiversität. Auch der Anwendungszeitpunkt ist relevant, inzwischen ist es fast Standard, Insektizide möglichst nachts auszubringen, wenn die Insekten nicht unterwegs sind. In der Auswahl der Herbizide kann beispielsweise in grundwassersensiblen Gebieten wenn möglich vorrangig auf blattwirksame Produkte zurückgegriffen werden, die nicht so stark verlagerungsgefährdet sind. Beim Einsatz von Bodenherbiziden ist darauf zu achten, nicht in jedem Jahr die gleichen Produkte einzusetzen, sondern zwischen den Wirkstoffen zu wechseln, um eine Anreicherung im Grund- oder Oberflächenwasser zu minimieren. Diese nachhaltige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist auch bereits durch zahlreiche Auflagen und Anwendungsbestimmungen geregelt.

Wirkstoffwechsel

Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Wirkstoffe wird zunehmend eingeschränkt. Zulassungsbedingt sind bereits viele Wirkstoffe nicht mehr verfügbar, die Anzahl neuer, innovativer Wirkstoffe ist auch aufgrund hoher Anforderungen bei der Zulassung gering.

Daher ist auch ein nachhaltiger Umgang mit Pflanzenschutzmitteln wichtig, um die Wirksamkeit über eine längere Zeit sicherzustellen und ein mögliches Resistenzrisiko zu vermindern. Die wichtigste Maßnahme dafür ist neben dem gezielten Einsatz von Produkten auch der Wechsel von Wirkstoffen. Wenn immer das gleiche Produkt, eventuell sogar noch mit verringerten Aufwandmengen gegen einen Schaderreger eingesetzt wird, kann das relativ schnell zur Resistenzbildung führen. Wenn beispielsweise im Frühjahr mehrfach gegen Septoria tritici im Weizen behandelt werden muss, so sollten unbedingt in der Folge Produkte mit unterschiedlichen Wirkstoffen eingesetzt werden, um das Resistenzrisiko zu mindern.

Fazit

Nachhaltigkeit im Pflanzenschutz steht immer einerseits für den Schutz der Ressourcen Umwelt und Biodiversität. Bei der Planung einer Maßnahme sind neben der Bekämpfungsschwelle auch die Produktwahl und der Anwendungszeitpunkt in diesem Kontext zu bewerten.

Andererseits ist aber das Pflanzenschutzmittel selbst auch eine Ressource, deren Wirkung und Einsatzmöglichkeit nachhaltig gesichert werden muss. Ganz ohne Pflanzenschutzmittel wird es auch im Integrierten Pflanzenbau nicht gehen, daher müssen Nutzen und Risiken immer genau abgewogen werden.

Stand: 2020